Veranstaltungsort
FVG
Raum: W 0060
Wiener Straße 9
28359 Bremen
Uhrzeit
12:15 (s.t.) - 13:45 Uhr
Referent/in
Veranstaltungsreihe
iaw-Colloquium

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Folie zum Colloquium

Die 2009 in das Grundgesetz eingeführte Schuldenbremse löste die zuvor gel­tende „goldene Regel“ ab. Im Prinzip wird dem Bund und den Ländern unter­sagt, Investitionen in die Infrastruktur über die Finanzmärkte zu finanzieren. Ausgenommen von diesem Finanzierungsverbot sind Ausgaben, die durch eine „Naturkatastrophe“ oder „außergewöhnliche Notsituationen – wie durch die Corona-Pandemie - entstehen. Diese Schuldenbremse hat immer schon den Anforderungen der „functional finance“ widersprochen. Heute ist ihre zu­kunftsbremsende Fehlentwicklung unübersehbar. Wie die unübersehbare ma­rode Infrastruktur belegt, sind selbst dringend erforderliche Reparaturinvestiti­onen unterlassen worden. Die heutige Polykrise und hier vor allem alles überla­gernde Klima­krise sind öffentliche Infrastrukturinvestitionen über Kredite nicht finanzier­bar. Wegen der systemisch belastenden Auswirkungen lässt sich eine alterna­tive Finanzierung dieser riesigen Summen über Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen nicht realisieren. Der Bund etwa mit seinem „Klima- und Transformationsfonds“ und viele Bundesländer haben daher mit mehrjährigen Sonderfonds versucht, dieser Finanzierungsnot zu entfliehen. Diese Praxis hat jetzt das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig beur­teilt.
In dem Vortrag werden die wirtschaftswissenschaftlichen und demokratiepoliti­schen Gründe für die Einführung der Schuldenbremse kritisch durchleuchtet. Dabei wird der Mythos von der durch die heutige Verschuldung erzeugten Erb­last für künftige Generationen widerlegt. Wie ein anderes Urteil des Bundes­ver­fassungsgerichtes (März 2021) zur Bewältigung der Klimakrise fordert, ist im Sinne der Generationengerechtigkeit der kreditfinanzierte sozial-ökologi­sche Umbau verfassungsrechtlich geboten. Dieser sichert für die nachfolgenden Ge­nerationen Freiheits­rechte und schafft Wohlstand allerdings auf der Basis nach­haltigen Wirt­schaftens, aus dem der Kapitaldienst finanziert werden kann.

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Literatur zum Thema
- Rudolf Hickel, Gastkommentar: Elend der Schuldenbremse – Blick zurück nach vorn Link zum Artikel in der Frankfurter Rundschau