Am 6. und 7. Oktober veranstalten die IAW-Mitarbeiter Martin Seeliger und Max Nagel in Kooperation mit Susanne Schmidt (InIIS, Uni Bremen) und Christof Roos (Europa-Universität Flensburg) ein Workshop zur wohlfahrtsstaatlichen Dimension von Emigration innerhalb der EU. Der Workshop wird unterstützt durch das DFG-geförderte Forschungsprojekt “Paradoxien der EU-Personenfreizügigkeit. Präferenzbildungsprozesse für und gegen Europäische Integration” Paradoxien der EU-Personenfreizügigkeit - Europa-Universität Flensburg (EUF) (uni-flensburg.de)
Thema des Workshops:
Die Heterogenität der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen den Ländern ist eine der Hauptursachen für Arbeitsmigration. In der Europäischen Union haben die Osterweiterungsrunden diese Unterschiede grundlegend vergrößert, und mit dieser Entwicklung haben verschiedene Arten der Arbeitsmigration, als (entsandte) Arbeitnehmer oder Selbstständige, an Bedeutung gewonnen, erleichtert durch die weitreichenden Rechte auf Gleichbehandlung, die der gemeinschaftliche Besitzstand der EU beinhaltet. Mit der Zunahme der innereuropäischen Mobilität in den reicheren Mitgliedsstaaten werden mögliche negative Auswirkungen der Freizügigkeitsrechte kritischer diskutiert.
Der Brexit-Prozess und die Politisierung der EU-internen Migration sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Erst in jüngster Zeit wird den Auswanderungsländern in der wissenschaftlichen und politischen Debatte mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das Ausmaß der EU-internen Arbeitsmigration hat eindeutig große Auswirkungen auf diese Länder. Rumänien sticht hier hervor, da etwa 20 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter das Land verlassen haben. Mögliche negative Auswirkungen gibt es viele: In wirtschaftlicher Hinsicht könnte die Entwicklung unter der Abwanderung von Fachkräften leiden, und eine übermäßige Abhängigkeit von Geldüberweisungen könnte zusätzlichen Schaden anrichten. Bestimmte Sektoren, wie z. B. das Gesundheitswesen, stehen angesichts des Ausmaßes der Arbeitsmigration vor großen Problemen. Teilweise verwandeln sich Auswanderungsländer in Einwanderungsländer und kompensieren ihren Verlust an Arbeitskräften. Ein Beispiel dafür ist die Migration von der Ukraine nach Polen. Auf sozialer Ebene haben einige Regionen einen beträchtlichen Teil ihrer Bevölkerung verloren, was insbesondere für ländliche Gebiete und Dörfer Folgen hat. Für Familien sind die so genannten Euro-Waisen, deren Eltern im Ausland arbeiten und die von der Großfamilie betreut werden, ein Problem. In politischer Hinsicht wird argumentiert, dass die Abwanderung insbesondere von gut ausgebildeten Personen illiberalen Regimen in die Hände spielt, da diejenigen, die die Demokratie unterstützen, leichter abwandern können, wodurch der Spielraum für kritische Stimmen verringert wird. Im Hinblick auf den Wohlfahrtsstaat sind die demographischen Auswirkungen der Migration zusammen mit dem spezifischen Fachkräftemangel, insbesondere im Gesundheitswesen, ebenso ein Thema wie die Frage, ob die Rückwanderung sowie die Regeln der EU-Sozialkoordination spezifische Folgen für die Sozialdienste haben. Infolgedessen wird in den Ländern und auf EU-Ebene zunehmend über die Kosten der Auswanderung diskutiert, was teilweise zu politischen Maßnahmen wie höherem Kindergeld, höheren Löhnen für bestimmte Branchen oder Steuervergünstigungen für bestimmte Gruppen führt, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Auf theoretischer Ebene hat die Auswanderung als Variable in den Theorien über die EU-(Des-)Integration und das Funktionieren des Binnenmarktes kaum Beachtung gefunden.
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